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Tequila_11
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Anmeldedatum: 11.04.2017
Beiträge: 5036

BeitragVerfasst am: Fr Jul 04, 2025 9:18 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Der Liegestuhl

von Michael Jörchel

Den besten Liegestuhl der Welt
den hab'ich mir gekauft.
Er kostete nicht sehr viel Geld
ich bin recht stolz darauf.

Kann liegen oder sitzen
an einem weißen Strand.
Muss nicht am Boden schwitzen
auf dem harten Sand.

Nun hab' ich doch dieses Problem
er geht nicht aufzuklappen.
Ich wünscht es kann mich niemand sehen
und fang' schon an nach Luft zu schnappen.

Ich klapp ihn auf und wieder zu
doch richtig klappt es nicht.
Doch ich gebe keine Ruh'
bis ich endlich darauf liech.

Ich klappe hin ich klappe her
ich klappe gleich zusammen.
Ich glaub' ich will das hier nicht mehr.
Ich will mich endlich sonnen.

Ich krieg den Dreh nicht ganz heraus.
Verschwitzt ist mein Gesicht.
Ein Liegestuhl sieht anders aus.
So wie das, jedenfalls nicht.

Nun lieg ich doch im harten Sand
der eigentlich ganz weich.
Der Stuhl steht neben mir am Strand.
Doch man erkennt ihn nicht sogleich.

Der Stuhl, ein Blickfang, kann man sagen
weiter aufbauen hat keinen Zweck.
Ich hörte oft die Menschen fragen.
"Ist das jetzt Kunst oder kann das weg?"

© Michael Jörchel
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Tequila_11
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BeitragVerfasst am: So Jul 13, 2025 8:45 am    Titel: Antworten mit Zitat

Die alten Möbel

Lasst mich erzählen: Im Traum heute Nacht
sind mir plötzlich die alten Möbel erwacht,
die Möbel, die aus dem Elternhaus
mit mir gingen ins Leben hinaus.
Sie huben an, ein jedes, zu sagen
von längstvergangenen, unnennbaren Tagen.
– Von der ersten Jugend im Elternheim
begann der große Schrank seinen Reim.
Ich sehe die Mutter nach ihm schreiten
und die muntren fünf Buben daraus kleiden;
ich seh' sie vom Schrank zu den Betten hin
vergnüglich wandern mit gütigem Sinn
und jedem aufs Lager den Sonntagsstaat legen,
und alles war Sonne und alles war Segen.
Nun schlummert sie längst in tiefem Schrein,
und die liebste Liebe ruht mit darein.
– Und die alte Kommode begann zu singen:
Weißt du noch was von all den Dingen,
den hundert geheimnisvollen und lieben,
die fest drin verschlossen, wie vor Dieben?
Nur manchmal an ganz besonderen Tagen
durfte ein Blick mit hinein sich wagen.
Dann sah er hell in der Lade Tiefen
Dinge glitzern, als ob sie riefen:
Ohrglocken, Ringe und andres Geschmeid',
das der Vater einst zur Bräutigamszeit
der Mutter geschenkt ... Dass die beiden einst jung,
das gab den Gedanken ganz eignen Schwung.
"Der Vater nicht größer als ich?" … "Und ein Mädchen
die Mutter?" ... Das brachte ins Schnurren das Rädchen
des jungen Gehirns! ... Gleich wurde gefasst
das Ringlein, ob's schon an den Finger passt.
Ein Altar ward die Kommode mir
und werter als alle moderne Zier.
– Und die Bettstatt begann die Melodie
wehwonniger Stunden. Sie sang mir, wie
die Mutter mich allzeit zu sich genommen,
sobald nur der Atem ging beklommen,
sobald nur der kleinste Fieberschauer
ihr sorgend Herz erfüllte mit Trauer,
wie sie mich da in den Schoß versenkt
und den Durstgen mit Zuckerwasser getränkt.
Wir waren drum alle ganz gern mal krank.
Oh glaubende Mutter, hab' heut' noch Dank! …
– Und der Spiegel über dem Tischchen begann:
"Ist's möglich, du bist jetzt selbst schon ein Mann?
Weißt noch, wie jeden Morgen vor mir
der Vater stand als kühner Barbier?
Nun wachsen dir selber die Haare grau,
und du guckst, als sei'st du der Vater genau.
Und die Bilder ringsum blicken dazu
und nicken: "Wie balde gehst auch du!"
Und alles redet die Einfachheit
der weitverlorenen Kinderzeit …
So seh' ich die alten Möbel leben.
Und stellt sich mal ein neues daneben:
Es schweigt! Es weiß noch nichts Rechtes zu sagen.
Ihr aber, ihr alten, aus Jugendtagen,
oh sprecht mir noch oft in stiller Nacht
von dem, was mir ward eine Lebensmacht!

Karl Ernst Knodt (1856 –1917),
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Tequila_11
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BeitragVerfasst am: Mo Jul 28, 2025 2:36 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß,
Das durch den sonnigen Himmel schreitet.
Und schmücke den Hut, der dich begleitet,
Mit einem grünen Reis.
Verstecke dich faul in die Fülle der Gräser.
Weil's wohltut, weil's frommt.
Und bist du ein Mundharmonikabläser
Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.
Und laß deine Melodien lenken
Von dem freigegebenen Wolkengezupf.
Vergiß dich. Es soll dein Denken
Nicht weiter reichen, als ein Grashüpferhupf.

Joachim Ringelnatz.
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Tequila_11
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BeitragVerfasst am: Do Aug 21, 2025 9:25 am    Titel: Antworten mit Zitat

Das letzte Abenteuer

Erinnerung aus den fünfziger Jahren
Anno damals dacht' ich wenig
meiner Jahre, wollte gleichen
unsern jüngsten Liebesleuten,
auch in ihren dummen Streichen.
Stunden galt es zu erhaschen,
wollt' ich mich der Holden nähern,
oft in Schnee und Regen harrt' ich,
bis sie schlau entschlüpft den Spähern.
Anno damals bin ich etwas
Buch- und schreibefaul gewesen,
nur in ihren schönen Augen,
schönem Herzen wollt' ich lesen! –
Doch es gab auch Streit bisweilen,
Liebchen war sehr eifersüchtig;
ging ich zur Theaterprobe,
ward ich ausgescholten tüchtig.
»Mit geschminkten Primadonnen
sollst du nicht herum dich treiben,
brauchst auch, wenn ich's recht bedenke,
keine Stücke mehr zu schreiben.
Dichten macht zerstreut – drum will ich,
komm' ich wieder, dir zerstören
all die dummen Manuskripte!
Mir nur sollst du angehören.« –
Folgt' ich ihr in allen Dingen,
grausam bleibt's von meiner Schönen,
wollt' sie auch das lang gewohnte
Kartenspiel mir abgewöhnen.
Goldnes Herz und goldne Seele
sonst in dieser Einzig-Einen!
Kindern gleich, in einem Sacke
hatte Lachen sie und Weinen.
Weiber, weiß ich, haben Launen,
so nicht minder meine Herrin;
Stunden gab's – mein liebes Närrchen
wurde da zur vollen Närrin.
Heute sanft und morgen glühend,
drauf ein plötzliches Erkalten,
wieder Klagen, Tränen, Stürme –
kurz, es war nicht auszuhalten! –
Süße Zeit der ersten Liebe,
wo man recht von Grund sich aussehnt,
ein Gemengsel von Gefühlen,
das zur Ewigkeit sich ausdehnt!
Aber wenn in reifen Jahren
die Gefühle frisch erwachten,
die dir neue Jugend bringen,
das ist auch nicht zu verachten.
Wie's vor Jahren mich durchglühte,
heut empfind' ich's noch, das Feuer –
und somit bereu' ich nimmer
dieses »letzte Abenteuer«!
Eduard von Bauernfeld (1802 –1890)
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Tequila_11
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BeitragVerfasst am: Sa Aug 30, 2025 8:10 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Anstatt zu sagen:
„Ich weiß, wie sich das anfühlt,“
können wir sagen: „Ich kann mir deinen Schmerz gar nicht vorstellen.“
Anstatt zu sagen:
„Du bist stark, du wirst das schon schaffen,“ könnten wir ausdrücken:
„Es wird weh tun, und ich werde hier sein.“
Anstatt zu sagen:
„Du siehst aus, als ginge es dir gut,“
könnten wir fragen: „Wie hältst du dich heute über Wasser?“
Anstatt zu sagen:
„Heilung braucht Zeit,“ könnten wir anerkennen: „Heilung hat keinen Zeitplan.“
Anstatt zu sagen:
„Alles geschieht aus einem Grund,“ können wir einräumen: „Gerade jetzt muss sich das furchtbar sinnlos anfühlen.“
Und in den Momenten, in denen Worte fehlen, ist es völlig in Ordnung, nicht nach ihnen zu suchen.
Liebe kann auch durch Stille ausgedrückt werden.

~ „Worte“ von Ullie-Kaye
~ Kunst von Jennifer Yoswa
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Tequila_11
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BeitragVerfasst am: Fr Sep 05, 2025 6:29 am    Titel: Antworten mit Zitat

Erich Kästner

Der September
Das ist ein Abschied mit Standarten
aus Pflaumenblau und Apfelgrün.
Goldlack und Astern flaggt der Garten,
und tausend Königskerzen glühn.
Das ist ein Abschied mit Posaunen,
mit Erntedank und Bauernball.
Kuhglockenläutend ziehn die braunen
und bunten Herden in den Stall.
Das ist ein Abschied mit Gerüchen
aus einer fast vergessenen Welt.
Mus und Gelee kocht in den Küchen.
Kartoffelfeuer qualmt im Feld.
Das ist ein Abschied mit Getümmel,
mit Huhn am Spieß und Bier im Krug.
Luftschaukeln möchten in den Himmel.
Doch sind sie wohl nicht fromm genug.
Die Stare gehen auf die Reise.
Altweibersommer weht im Wind.
Das ist ein Abschied laut und leise.
Die Karussells drehn sich im Kreise.
Und was vorüber schien, beginnt.
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BeitragVerfasst am: So Sep 14, 2025 7:35 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Regenlied

Walle, Regen, walle nieder,
Wecke all' die Bilder wieder,
Die sich uns're Kindheit träumte,
Wenn das Naß im Sande schäumte!
Wenn die matte Sommerschwüle
Lässig stritt mit frischer Kühle,
Und die blanken Blätter thauten,
Und die Saaten dunkler blauten.
Welche Wonne, in dem Fließen
Dann zu stehn mit nackten Füßen,
An dem Grase hinzustreifen
Und den Schaum mit Händen greifen,
Oder mit den heißen Wangen
Kalte Tropfen aufzufangen,
Und den neu erwachten Düften
Seine Kinderbrust zu lüften!
Wie die Kelche, die da troffen,
Stand die Seele athmend offen,
Wie die Blumen, düftetrunken,
In dem Himmelsthau versunken.
Schauernd kühlte jeder Tropfen
Tief bis an des Herzens Klopfen,
Und der Schöpfung heilig Weben
Drang bis ins verborgne Leben. --
Walle, Regen, walle nieder,
Wecke all' die alten Lieder,
Die wir in der Thüre sangen,
Wenn die Tropfen draußen klangen!
Möchte ihnen wieder lauschen,
Ihrem süßen, feuchten Rauschen,
Meine Seele sanft bethauen
Mit den frommen Kinderaugen.


Klaus Groth (1819 - 1899)
Vertont von Johannes Brahms (1833-1897)
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Tequila_11
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BeitragVerfasst am: Sa Okt 04, 2025 4:57 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Oktobersturm

Schwankende Bäume
im Abendrot -
Lebenssturmträume
vor purpurnem Tod -
Blättergeplauder -
wirbelnder Hauf -
nachtkalte Schauder
rauschen herauf.
Christian Morgenstern
(1871-1914)
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Tequila_11
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Beiträge: 5036

BeitragVerfasst am: Fr Okt 10, 2025 7:33 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Dieser Netzfund ist sehr lang, aber er macht sehr nachdenklich
weil es stimmt was da geschrieben steht und es macht Angst....

Claudias Geschichtenstube


„Heute hat mir ein 7-Jähriger gesagt, ich sei nutzlos.“
So begann mein letzter Tag als Grundschullehrerin.
Kein Grinsen. Keine freche Haltung. Nur eine schlichte, gleichgültige Stimme – als würde er das Wetter kommentieren.
„Sie können nicht mal TikTok. Meine Mama sagt, alte Leute wie Sie sollten in Rente gehen.“
Ich lächelte. Ich habe gelernt, so etwas nicht persönlich zu nehmen.
Aber trotzdem... spürte ich, wie tief im Inneren etwas zerbrach.
Mein Name ist Frau Becker.
Seit 36 Jahren unterrichte ich die erste Klasse in einer kleinen Stadt in der Nähe von Köln.
Heute habe ich mein Klassenzimmer zum letzten Mal ausgeräumt.
Als ich Ende der 80er Jahre anfing, fühlte sich das Unterrichten wie eine Berufung an. Eine heilige Verbindung.
Man vertraute uns. Man bewunderte uns sogar.
Wir wurden nicht reich bezahlt, aber es gab Respekt – und das machte vieles wett.
Eltern brachten zum Elternabend Kuchen mit.
Kinder malten mir Geburtstagskarten mit falsch geschriebenen Wörtern und schiefen Herzen.
Und wenn die Kleinen endlich ihren ersten Satz laut vorlasen?
Das war eine Freude, die kein Gehaltsscheck je aufwiegen könnte.
Aber etwas hat sich verändert.
Langsam. Leise. Jahr für Jahr.
Bis ich mich eines Tages in meinem Klassenzimmer umsah und meinen Beruf nicht mehr wiedererkannte.
Es sind nicht nur die iPads und Smartboards.
Es ist die Erschöpfung.
Die Respektlosigkeit.
Die Einsamkeit.
Früher habe ich abends Papieräpfel für die Pinnwand ausgeschnitten.
Jetzt dokumentiere ich jeden Vorfall in einer Schülerverhaltens-App, nur für die rechtliche Absicherung, falls ein Elternteil klagen will.
Ich wurde vor meiner Klasse angeschrien.
Nicht von Schülern – von Eltern.
Einer sagte zu mir: „Sie können offensichtlich nicht mit Kindern umgehen. Ich habe ein Video von Ihnen auf dem Handy meines Sohnes gesehen.“
Er hatte mich gefilmt, während ich versuchte, ein anderes Kind bei einem Tobsuchtsanfall zu beruhigen.
Niemand fragte, wie es mir ging.
Niemand kümmerte sich darum, dass ich alles nur mit Koffein und purer Willenskraft zusammenhielt.
Auch die Kinder sind heute anders.
Und es ist nicht ihre Schuld.
Sie wachsen in einer Welt auf, die zu schnell, zu laut, zu unverbunden ist.
Sie kommen mit Schlafmangel, überreizt und bildschirmsüchtig in die Schule.
Manche sind wütend. Manche haben Angst.
Einige wissen nicht, wie man einen Stift hält, wie man wartet, bis man an der Reihe ist, oder wie man „bitte“ sagt.
Und von uns wird erwartet, dass wir das alles in Ordnung bringen.
In 6 Stunden. Ohne Hilfskräfte. Mit 28 Schülern. Und einem Budget, das nicht einmal für die Snacks einer Geburtstagsfeier reichen würde.
Ich erinnere mich, als mein Klassenzimmer eine kleine Oase war.
Wir hatten eine Leseecke mit Sitzsäcken.
Wir sangen jeden Morgen Lieder.
Wir lernten, freundlich zu sein, bevor wir lernten zu multiplizieren.
Jetzt?
Jetzt soll ich mich auf „Lernziele“, „Datenpunkte“ und „messbare Ergebnisse“ konzentrieren.
Mein Wert basiert darauf, wie gut ein 6-Jähriger im März Kreise in einem Test ausmalt.
Ein Schulleiter nahm mich einmal beiseite und sagte: „Sie sind zu herzlich und gefühlsbetont. Die Schulleitung will Ergebnisse sehen.“
Als ob menschliche Nähe ein Nachteil wäre.
Ich habe trotzdem weitergemacht.
Denn es gab immer diese Momente. Kleine, heilige Momente.
Ein Kind, das flüsterte: „Sie sind wie meine Oma. Ich wünschte, ich könnte bei Ihnen wohnen.“
Ein anderes, das eine Notiz auf meinem Pult hinterließ: „Hier fühle ich mich sicher.“
Oder der stille Junge, der mir endlich in die Augen sah und sagte: „Ich habe es ganz allein gelesen.“
An diese Momente klammerte ich mich wie an Rettungsinseln.
Weil sie mich daran erinnerten, dass ich immer noch etwas Wichtiges tat – auch wenn die Welt darauf bestand, dass es nicht so war.
Aber dieses letzte Jahr hat etwas in mir zerbrochen.
Die Gewalt nahm zu.
Ein Kind warf einen Stuhl durch den Raum. Ein anderes drohte, „etwas von zu Hause mitzubringen“, nachdem es sich hinsetzen sollte.
Der Beratungslehrer kündigte im Oktober. Die Liste der Vertretungslehrer war im November leer.
Das Burnout lag wie ein Nebel stiller Verzweiflung in der Luft.
Und ich?
Ich fühlte mich unsichtbar. Ersetzbar.
Wie ein veraltetes Werkzeug in einer digitalen Welt, die keine Notwendigkeit mehr für menschliche Berührung sieht.
Also habe ich heute mein Klassenzimmer ausgeräumt.
Ich löste verblichene Kunstprojekte von der Wand.
Ich fand eine Schachtel mit Dankeskarten von einer Klasse aus dem Jahr 1995.
Auf einer stand: „Danke, dass Sie mich lieb hatten, auch wenn ich schlimm war.“
Ich weinte, als ich das las.
Denn damals bedeutete es etwas, Lehrerin zu sein.
Jetzt fühlt es sich an wie ein Job, für den man sich entschuldigen muss.
Es gab keine Feier. Keine Rede.
Nur einen festen Händedruck vom neuen Schulleiter, der mich mit „Frau Becker“ ansprach und während unseres Abschieds auf sein Handy schaute.
Ich ließ meinen Schaukelstuhl zurück. Meine Geduld.
Aber ich nahm die Erinnerung an jedes Kind mit, das mich jemals mit Staunen, Vertrauen oder Erleichterung angesehen hat.
Die gehört mir. Die kann mir niemand nehmen.
Ich weiß nicht, was als Nächstes kommt.
Vielleicht arbeite ich ehrenamtlich in der Bibliothek. Vielleicht lerne ich, Brot zu backen.
Vielleicht sitze ich auch einfach nur auf meiner Terrasse, trinke Tee und erinnere mich an eine Welt, die sich früher sanfter anfühlte.
Denn ich vermisse sie.
Ich vermisse eine Zeit, in der Lehrer als Partner gesehen wurden, nicht als Boxsäcke.
Als Eltern und Schulen zusammenarbeiteten.
Als Bildung Wachstum bedeutete, nicht nur Noten.
Wenn Sie jemals Lehrer waren, wissen Sie es.
Wir haben es nicht wegen der langen Ferien getan.
Wir haben es für das Kind getan, das endlich gelernt hat, seine Schuhe zu binden.
Für das, das nach Wochen des Schweigens wieder lächelte.
Für die, die uns auf eine Weise brauchten, die kein Test messen kann.
Wir taten es aus Liebe. Aus Hoffnung. Aus Glauben an etwas Besseres.
Wenn Sie also einen Lehrer sehen – egal ob im Dienst oder im Ruhestand – danken Sie ihm.
Nicht mit einer Tasse oder einem Apfel.
Mit Ihrer Stimme. Ihren Augen. Ihrem Respekt.
Denn in einer Welt, die sich zu schnell bewegt, sind sie geblieben.
In einem System, das zerfiel, haben sie standgehalten.
Und in einer Gesellschaft, die sie vergaß, haben sie sich an jedes einzelne Kind erinnert.

Netzfund
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Tequila_11
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BeitragVerfasst am: Mo Okt 20, 2025 6:12 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Herbstbeginn

Zu Herbst nun geht die Tage
Und schneller naht die Nacht
Ganz ohne Klang und Klage
stirbt Laub und Gärtenpracht
Scheu bebt ein Schlussverkünden
Auch mir durch Sang und Sinn,
und nachts auf Wiesengründen
Schleicht schon die Moorfrau hin... So will sich rings auf all die Blüten betten
Herbstbraune Ruh' ,
Wildgänse ziehn in langen weißen Ketten
Dem Süden zu.
Mir ist zu Sinn, als müßt' auch ich jetzt wandern
Von Ort zu Ort,
nach meiner Heimat, einer ewigen, andern,
Weitfort, weitfort....

Carl Hermann Busse
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BeitragVerfasst am: Di Okt 28, 2025 1:08 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Gedicht zum Thema Frieden


Bewaffneter Friede

Ganz unverhofft auf einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
Halt! rief der Fuchs, du Bösewicht!
Kennst du des Königs Order nicht!
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
Und weißt du nicht, daß jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht!
Im Namen seiner Majestät,
komm her und übergib dein Fell!
Der Igel sprach: Nur nicht so schnell,
nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen,
dann wollen wir uns weitersprechen.
Und also bald macht er sich rund,
zeigt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.
Wilhelm Busch (1832 - 1908), deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller
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