Vom modernen Paar zur klassischen Familie werden

Natürlich freuen wir uns sehr nach der Hochezit über unser zweites Kind. Aber für mich ist es nicht so ganz einfach, und es bedeutet schon eine große Umstellung. Mit einem Kind konnte ich immer noch halbtags arbeiten gehen, hatte viele Kolleginnen, mit denen ich über Gott und die Welt reden konnte, letzt ist auf einmal alles anders. Wenn ich die Hausarbeit erledigt habe, fällt mir oft die Decke auf den Kopf. Cut, rausgehen mit den beiden Kindern... Aber immer nur diese typischen Spielplatzgespräche: Meiner hat schon ..., meine kann dies und das, Kinderkrankheiten, Kochen ...! Oft merke ich erst abends, dass ich mit keinem Menschen richtig geredet habe...

Stein des Anstoßes und Anlass zu immer wiederkehrenden, stundenlangen Auseinandersetzungen ist die Neustrukturierung der Erwerbs- und Familienarbeit. Hier gibt es die einschneidendsten Veränderungen. Aus dem modernen, emanzipierten (Ehe-)Paar, das in der kinderlosen Zeit des Zusammenlebens das meiste im Haushalt gemeinsam verrichtete oder doch zumindest gerecht verteilte, ist unversehens ein Elternpaar mit klassischer, geradezu traditioneller Rollenverteilung geworden. Wie schon die eigenen Mütter verrichten die jungen Frauen weiterhin den Löwenanteil an Babypflege und Haushalt. Dabei wünschen sie sich insgeheim eine stärkere Unterstützung durch den Ehemann. Die Väter dagegen arbeiten nun meist mehr statt weniger im Beruf, um den Verdienstausfall der Frauen auszugleichen und den Lebensstandard zu halten. Ihre Mithilfe erschöpft sich im gelegentlichen Windelwechseln und Kinderwagenschieben - mehr ist in der Regel allein zeitlich nicht drin.

In dieser Phase kommt es überraschenderweise zu einer neuen Traditionalisierung der Beziehung mit längst über-wunden geglaubter, einseitig fixierter Rollen- und Aufgabenverteilung. Bei einem solch offensichtlichen Ungleichgewicht bleiben Missstimmungen, Unzufriedenheit und wechselseitige Schuldvorwürfe nicht aus. Für viele Frauen ist diese Rollenverteilung der Konfliktherd Nr. 1, während die Männer mit der klassischen Arbeitsteilung nach wie vor bestens zurechtkommen. Die unterschiedliche Sichtweise verschärft die Konfliktsituation.

Was besonders bedrohlich erscheint und die Beziehung maßgeblich gefährden kann, ist das Auseinanderdriften der Lebensbiographien von Mann und Frau. Beide leben nun einen Großteil ihrer Zeit in getrennten, völlig unterschiedlichen Lebensräumen - und weder Mann noch Frau können sich letztlich in die Welt des anderen hineinversetzen. Die verschiedenen Lebenswelten stellen jeweils eigene Anforderungen und Erwartungen an die Menschen und vermitteln nicht selten völlig widersprüchliche Werte- und Normensysteme. Was hier geschätzt wird, ist dort verpönt. Zwischen der Familienwelt und der Berufswelt liegen oft Welten.

Jahre nach der Hochzeit bleiben nur wenige Dinge Erinnerung und das sind meistens die gute Hochzeitsbilder oder Videos und natürlich die schöne Hochzeitsringe

Was die Familienarbeit betrifft: Die anstehende Umverteilung geht einseitig zu Lasten der Frau. Während sich ihr Leben grundlegend ändert und nun einen völlig anderen Verlauf nimmt, bleibt beim Mann mehr oder weniger alles beim Alten. Er geht weiterhin seinem Beruf nach und behält seine Freizeitaktivitäten bei. So fällt die Entscheidung über den Erziehungsurlaub auch bei der modernen Elterngeneration ganz altmodisch aus. Wie selbstverständlich sind es die Mütter, die sich beurlauben lassen.

Erziehungsurlaub für zwei Prozent Väter

Laut Bundesregierung machen nur 1,8 Prozent der Väter vom Erziehungsurlaub Gebrauch. Am wenigsten wohl fühlten sich die ostdeutschen Männer in der Vollzeit-Erzieherrolle. Dort liegt der Anteil der Männer bei 1,2 Prozent. Grund für das geringe Interesse der Männer sind nach Erkenntnissen der Regierung Angst vor finanziellen Einbußen, einem Karriereknick oder dem Verlust des Arbeitsplatzes. Viele Männer hingen zudem noch immer an traditionellen Rollen und seien nicht bereit, ihren Teil zur Familienarbeit beizutragen.

Vom Zeichenbrett zum Kinderbett, von der Werkbank an den Wickelschrank: Nur jeder achte Mann zwischen 18 und 33 Jahren ist nach einer Untersuchung des Deutschen Jugendinstitutes bereit, in seinem Beruf der Kinder wegen zurück-zustecken. Dabei haben auch verheiratete Väter gesetzlichen Anspruch auf Erziehungsurlaub, und innerhalb des bisher auf drei Jahre befristeten Zeitraumes können Mann und Frau sich dreimal abwechseln.

Die unterschiedlichen Verdienstmöglichkeiten spielen bei dieser Entscheidung eine gewichtige Rolle: Noch immer bringen Männer im Schnitt 30 Prozent mehr Geld nach Hause als ihre Partnerinnen. Und noch immer tragen die Väter durchschnittlich über 80 Prozent zum Familieneinkommen bei. Selbst für die junge Männergeneration scheint es eine Frage des Selbstbewusstseins zu sein, eine Familie allein ernähren zu können. Meine Frau muss nicht arbeiten gehen ...

So kommt es in den meisten jungen Familien fast zwangsläufig zur klassischen Aufteilung nach dem Motto: Unbezahlte Familienarbeit ist Frauensache, gut bezahlte Erwerbsarbeit ist Männersache. Unterschwellig leiten sich von solchen Einschätzungen und Bewertungen bestimmte Vorrechte und Machtansprüche ab. Entscheidend für die Zukunft junger Familien wird es sein, dass die Erwerbstätigkeit und Familienarbeit von Männern und Frauen in gleicher Weise geschätzt und dann auch wahrgenommen werden können. Hierzu bedarf es nicht nur verbesserter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, sondern zuallererst einer grundlegend veränderten Einstellung der Männer.

So ist die männliche Bevölkerung in unserem Land bis heute nicht bereit, die notwendigen Schlussfolgerungen aus dem an sich begrüßten Wunsch der Frauen nach Gleichberechtigung zu ziehen. Es gibt den Wunsch der Frauen, an der Erwerbsarbeit gleichberechtigt teilzunehmen. Die Folge ist, dass kein gleichwertiger Austausch zwischen den beiden Tätigkeitsfeldern stattfindet. Nur wenn dieser Austausch wirklich stattfinden kann, wenn die mentalen Voraussetzungen für einen derartigen Austausch ebenso entwickelt sind wie die materiellen Voraussetzungen, können wir eine Harmonisierung von Erwerbstätigkeit und Familientätigkeit erwarten. In dem Maße, in dem ein solches Umdenken stattfinden würde, würden dann schon die Männer dafür sorgen, dass das Ansehen der Familienarbeit zunimmt.

Die Arbeitswelt ist nach wie vor auf Männer zugeschnitten, die keine Kinder haben - oder die zu Hause eine Frau für die Kinder haben. In Zeiten der Massenarbeitslosigkeit verschärft sich der Kampf um die Arbeitsplätze, sodass die jungen Väter alles dafür tun - einschließlich unbezahlter Überstunden -, um ihre Stelle und ihre Karriere nicht zu gefährden. Eine Babypause ist da einfach fehl am Platze. Sie würde auf völliges Unverständnis bei den Vorgesetzten stoßen und ironische Kommentare bei den Arbeitskollegen auslösen. So bleibt vielen Vätern keine andere Wahl als sich für ihre Arbeit und gegen ihre Familie zu entscheiden:

Jederzeit abrufbar im Beruf, dafür immer weniger verfügbar für Frau und Kinder.

Zentrales Problem der (jungen) Familie ist daher die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit. Selbst materiell gut abgesichert, hat die traditionelle Familie mit der herkömmlichen Aufgabenverteilung wenig Zukunft. Die alten Rollenmuster greifen nicht mehr. Spöttisch registriert der Trendforscher Matthias Horx: Da ist es doch den Männern selbst mit Dreißigtausend Mark-Küchen nicht gelungen, ihre Frauen darin festzuhalten.

Es geht bei der Zukunftsplanung Familie nicht um einseitige Strategien. Verlangt werden vielmehr echte Wahlmöglichkeiten für Männer wie Frauen. Die Freiwilligkeit ihrer Entscheidung trägt entscheidend zur Lebenszufriedenheit bei. Wären die gesellschaftlichen, politischen und beruflichen Rahmenbedingungen familienfreundlicher, würde das ihre Vereinbarungen erheblich erleichtern. So halten sich gerade junge Paare verschiedene Optionen offen. Familie gilt ihnen nicht mehr als die alleinige Lebensoption. Für sie gibt es auch ein Leben ohne (eigene) Familie. Dennoch sieht eine deutliche Mehrheit die Familie als einen bevorzugten Lebensentwurf an, jedoch nur in Vereinbarkeit mit anderen Lebensmöglichkeiten. Wenn nicht beides - Familie und Beruf - gleichermaßen für beide - Männer wie Frauen - gedacht, gefordert und gefördert wird, dann bleibt es beim bestehenden Missverhältnis: Viele Hausfrauen, aber wenige Kinder.

Familiengründung und Übernahme von Elternverantwortung sind auch bei der jungen Generation wichtige Eckdaten für ihre Lebensplanung. Die konkrete Verwirklichung muss heute unter den jungen Paaren möglichst einvernehmlich erfolgen - entsprechend ihren persönlichen Vorstellungen und den tatsächlichen Möglichkeiten, mitunter gegen erhebliche Widerstände ihres unmittelbaren Umfeldes. Für eine verlässliche Lebensplanung braucht es soziale Förderung und materielle Unterstützung.

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