Deutschland erlebt einen Trend zu Urbanisierung wie seit den Zeiten der industriellen Revolution nicht mehr. Immer mehr Menschen ziehen in die Großstädte. Städte wie München, Hamburg und vor allem Berlin platzen aus den Nähten während auf den Dörfern nur noch die Alten zurückbleiben.
Doch während die jungen, hippen Digital Natives sich in den Städten sammeln, immer unterwegs sind, immer wieder neue Menschen kennenlernen und rund um die Uhr digital vernetzt sind, bleiben sie doch einsam unter Millionen Menschen in der Großstadt.
Die Escort Branche boomt – auch ohne Sex
Ein vielleicht überraschender Gradmesser dieser Einsamkeit ist die Berliner Escort Branche. Die Agenturen verzeichnen seit langem immer mehr Anfragen und dabei drehen sich zunehmend viele Abend immer öfter nicht um Sex.
Das Kerngeschäft der Branche ist vielleicht bald nicht mehr die Sexarbeit, sondern der Kampf gegen die Einsamkeit der unzähligen Singles. In den Großstädten verdienen viele Menschen in bestimmten Branchen gut und sind in ihren Berufen unglaublich erfolgreich. Aber der berufliche Erfolg, für den sie ursprünglich ihre angestammte Umgebung und Heimat verlassen haben, hat zur Einsamkeit geführt. Und auch wenn das Freizeitangebot groß ist, so wünschen sich doch wahrscheinlich alle Menschen, ein Gegenüber, dass sich einen Abend Zeit nur für sie nimmt.
Immer öfter erzählen Escorts, wie Menschen, die im Beruf erfolgreich sind und sehr viel Geld verdienen – um sich überhaupt den Dienst eines Escorts leisten zu können – mehr Therapie als körperliche Intimität brauchen.
Einsamkeit macht krank
Diese Geschichten aus der geheimnisumwitterten Escort-Branche sind nur ein Gradmesser, wie sehr Menschen unter der Einsamkeit leiden, wenn sie für viele hundert Euro ausgeben, nur um einen Abend mit einem Menschen zu verbringen.
Die Einsamkeit wird zu einem immer größeren Problem und macht nachweißlich krank. Wer in seinem Leben viel Einsamkeit erfährt, der wird öfter krank und stirbt auch früher. Wer sein Leben nicht im vertrauten Kreis seiner Familie verbringen kann, der steht im Alter erst recht allein da und verliert schneller die Lebensfreude. Wenn das einzige, was im Leben noch Halt gegeben hat, der Job, wegbricht, geraten viele in eine tiefe Sinnkrise.
Es ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung in einer immer schnelllebigeren Welt gegenseitig aufeinander Acht zu geben. Tiefe Freundschaften werden selten und damit zu einer noch wertvolleren Bereicherung des Lebens als ohnehin schon.
Großstädte machen nicht einsam
Es sind nicht nur die Großstädte oder die schnelllebigen Lebensumstände dort, die einsam machen. Das zeigt ein Blick aufs Dorf, wo ebenfalls immer mehr Menschen vereinsamen, weil die vertrauten Bekanntschaften und Familienbande einfach wegbrechen.
Die große soziale und räumliche Mobilität in unserer modernen Gesellschaft hat nunmal die Kehrseite, dass die Menschen, die für einen Job in einer weit entfernte Job ziehen müssen, vielleicht sogar alle paar Jahre aufs neue, nicht nur die Familienbande kaum richtig pflegen können, sondern auch nur schwere tiefe Freundschaften schließen und feste Beziehungen anfangen können. Immer mehr Menschen müssen nach einem Arbeitsvertrag, der auf zwei Jahre befristet war, wieder umziehen. Wie soll da eine feste Partnerschaft, egal welcher Natur bestehen?
Wie soll man für die eigene Familie da sein, wenn man hunderte Kilometer bis zur Beerdigung fahren muss? Und dann auch noch der Zug Verspätung hat? Die Mobilität hat fürchterliche Schattenseiten, die diskutiert werden müssen. Hier braucht es soziale Lösungsansätze, wenn wir nicht wollen, dass die Menschen wegen den Anforderungen der Jobs vereinsamen und die Gesellschaft zerbricht.